Projekt AVWS.SELBSTHILFE.PLUS

Online-Plattform zur sozialen und beruflichen Teilhabe von Menschen mit auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen. Bedarfsgerechte und themenspezifische Inhalte zur Kompetenz- und Weiterbildung von Betroffenen und Fachkräften

Projekt AVWS SELBSTHILFE PLUS

Online-Plattform zur sozialen und beruflichen Teilhabe von Menschen mit auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen. Bedarfsgerechte und themenspezifische Inhalte zur Kompetenz- und Weiterbildung von Betroffenen und Fachkräften

Ausgangslage

Jugendliche und Erwachsene mit AVWS erleben in ihrem Alltag zahlreiche Herausforderungen, denn ihre Hör-Einschränkungen beeinträchtigen ihre Kommunikationsfähigkeit z.T. so massiv, dass berufliche und persönliche Schwierigkeiten die Folge sind.

Das Forschungsprojekt SL.AVWS (06/2016-06/2018) lieferte erste Einblicke in die Lebenswelt dieser Personengruppe. Es zeigte sich unter anderem, …

  • dass viele Betroffene ihre Besonderheiten nicht gut verstehen und u.a. deshalb Schwierigkeiten haben, sich Unterstützung zu organisieren,
  • dass es kaum Anlaufstellen und Netzwerke zur Information und Beratung bei AVWS gibt
  • dass auch Fachkräfte zu wenig Informationen zu AVWS sowie den Therapie- und Unterstützungsmöglichkeiten haben
  • dass viele Betroffene Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten untereinander vermissen.

Wir fingen an, mit den Ergebnissen unserer AVWS-Forschung einige dieser Bedarfe zu decken. Besonders die Informations- und Sensibilisierungsmaterialien wurden und werden sehr gut angenommen.

Es ist immer noch so, dass AVWS weniger bekannt sind und es an passenden diagnostischen Methoden und Instrumenten fehlt. Das führt dazu, dass die Diagnose „AVWS“ bei Jugendlichen und Erwachsenen kaum vergeben wird. Deshalb bekommen die Betroffenen leider oft nur schwer oder gar keinen Zugang zu Hilfen aus dem Sozialsystem.

Die Betroffenen sind also in Bezug auf Diagnostik schlecht versorgt. Zusätzlich müssen sie mehr als andere um Hilfe und Nachteilsausgleiche kämpfen. Dabei bekommen sie kaum angeleitete Unterstützung. Es gibt für Jugendliche und Erwachsene mit AVWS keine zentralen Anlaufstellen mit AVWS-Expertise und bisher auch nur wenig Selbsthilfe-Strukturen.

Genau hier setzt nun avws.selbsthilfe.plus an und möchte mit einer neuartigen Online-Plattform diese Bedarfe decken. Wir erarbeiten eine bedarfsgerechte und themenspezifische Informations-, Kompetenz- und Weiterbildungsplattform. 

Zielstellung

Im Fokus dieses Projekts stehen Menschen, die von Auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) direkt betroffen sind und Personen, die mit ihnen in Kontakt stehen.

Die Plattform nutzt die Idee des digitalen Sozialen Lernens („Social Learning“). Dabei schreiben sich die Nutzer*innen in Online-Kurse ein und können sich dann in verschiedenen Lern-Modulen interaktiv mit dem eigenen Anliegen auseinandersetzen, das eigene Wissen und Fragen einbringen und sich austauschen. Wer weniger Interaktion möchte, kann den angeleiteten Kurs selbstständig durchlaufen und nur die persönlich wichtigen Informationen entnehmen („Knowledge-on-Demand“).  

Die Kurse sollen die Nutzer*innen dabei unterstützen, Klarheit über die individuelle Ausprägung der (eigenen) AVWS zu erlangen, Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten kennen und nutzen zu lernen und die eigene Handlungskompetenz zu erweitern.

Im Rahmen des Projekts sollen außerdem Erfahrungen gesammelt werden, wie digitale Lern- und Interaktions-Möglichkeiten gestaltet werden können, um Empowerment und Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.

Die Plattform avws.selbsthilfe.plus soll so umgesetzt werden, dass sie möglichst breit und langfristig einsetzbar ist. Sie soll sein:

  • niedrigschwellig (u. a. kostenfrei, anwender*innen-freundlich)
  • barrierefrei (z. B. Gebärdensprache, Audio-Deskription, Untertitel, einfache Sprache, BITV 2.0)
  • nachhaltig (Nutzung von Open Source Software, offenes Lizenz-Modell)
  • individuell anpassbar und geschützt (private communities, Einhaltung der EU-DSGVO)

Methoden

1. Methoden für die Zielgruppe der betroffenen Menschen mit AVWS:

Strategien von Empowerment und Selbstmanagement sind für die gesamte Online-Plattform von besonderer Bedeutung.

  • Die Kompetenzbildung wird gefördert, indem konkrete Informationen zum Störungsbild und den möglichen Auswirkungen vermittelt werden.
  • Mit Simulationen und Erfahrungsberichten soll die Erlebens- und Erfahrungswelt der Nutzer*innen angesprochen und eine Auseinandersetzung mit den eigenen Einschränkungen ermöglicht werden.
  • In spezifischen Settings können die Zugänge zum Hilfe-System und zur Vernetzung mit anderen kennengelernt und erprobt bzw. unter Anleitung trainiert werden.
  • Die vermittelten Informationen werden in einzelnen Aufgaben angewendet, um als Handlungswissen in den Erfahrungsschatz aufgenommen werden zu können.

Die Nutzung der Online-Plattform soll zu Klarheit über die eigenen Besonderheiten führen, Wissen über (Wege zu) Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten vermitteln und in der Konsequenz einen besseren Zugang zum Hilfesystem eröffnen (selbstgesteuerte Partizipation und Inklusion).

2. Methoden für die Zielgruppe der Fachkräfte:

Ähnlich der Ziele hinsichtlich der Personengruppe der Betroffenen soll auch die Zielgruppe der anderweitig interessierten Personen zunächst versorgt werden mit oder zu: 

  • konkreten Informationen zum Störungsbild,
  • den möglichen Herausforderungen im Alltag und den denkbaren Umgangsweisen mit den Auswirkungen von AVWS,
  • vor allem mit Wissen über Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten und den dafür notwendigen Zugangsmöglichkeiten.

Darüber hinaus bietet die Online-Plattform anhand von verschiedenen didaktischen Methoden die Möglichkeit, den eigenen Umgang mit Personen mit AVWS zu reflektieren. Insbesondere Fachkräfte erlernen (Beratungs)Kompetenzen, um Personen mit AVWS adäquat begegnen und versorgen zu können.

Die Internetseite avws.selbsthilfe.plus verfolgt die Idee des (digitalen) Sozialen Lernens („Social Learning“), in Anlehnung an die Variante eines Online-Kurses (der sog. „Massive Open Online Course (MOOC)“. Das heißt: Die verschiedenen Lern-Module sind interaktiv gestaltet und ermöglichen es den Teilnehmenden, sich mit ihren Anliegen, ihrem Wissen und ihren Fragen einzubringen und auszutauschen. Sollten sie an keiner Interaktion interessiert sein, können sie den (angeleiteten) Kurs selbstständig durchlaufen und sich nur die Informationen herausziehen, an denen sie Interesse haben („knowledge-on-demand“).

3. Aufbau der Kursinhalte:

Die Kurse werden 2-stufig aufeinander aufbauen:

Phase 1: Informationen sollen Erkenntnis und Klarheit bringen

  • für Betroffene: Klarheit über sich und die eigene Einschränkung / Störung zu bekommen sowie Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten kennenzulernen, um so ggf. Hilfebedarf zu identifizieren.
  • für Fachkräfte/interessierte Personen: Klarheit über das Störungsbild, die Einschränkungen, den Hilfebedarf und möglichen Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu erlangen.

Phase 2: Erweiterung der Handlungskompetenz – ein Hauptaspekt besteht darin:

  • für Betroffene: die eigenen einschränkungsbezogenen Besonderheiten kommunizieren zu können und ggf. Zugang zum Hilfesystem herzustellen,
  • für Fachkräfte/interessierte Personen: die eigenen Kommunikations- und Verhaltensweisen sowie Beratungs-Kompetenzen gegenüber Menschen mit AVWS zu reflektieren und zu optimieren.

Zeitplan

 Das Projekt befindet sich in der redaktionellen Endphase . Die Seite wird am 01.12.2023 an den Start gehen. 

ab September: Bereitstellung der Plattform für Betatester*innen

Hier soll insbesondere die Funktionalität der Seite überprüft und auf Herz und Nieren getestet werden. 

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Beirat

 Ein beratendes Gremium in Form eines Projekt-Beirates unterstützt das A.SH+-Projekt-Team bei der Erstellung und Verteilung der Empowerment-Plattform.

Mitglieder des Projekt-Beirates (alphabetisch geordnet):

  • Matthias Friedetzky, Projektleiter E-Learning, Liebenau Berufsbildungswerk gGmbH (Ravensburg)
  • Professor Dr. Michael Fuchs, Leiter Sektion Phoniatrie und Audiologie, Klinik und Poliklinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Leipzig (Leipzig) 
  • Simone Langhof, Referentin Teilhabe, Der Paritätische Sachsen (Dresden)
  • Dr. Daniel Neugebauer, Rechtsanwalt, stahlknecht neugebauer Rechtsanwälte (Halle (Saale))
  • Dr. Vera Oelze, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Rehabilitationspädagogik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Halle (Saale))
  • Tristan Steinberger, Stellv. Agenturleitung, Transfernetzwerk Soziales Innovation, Katholische Hochschule NRW (Köln)
  • Dr. Kathleen Tretbar, Psychologische Psychotherapeutin, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Leipzig ; Praxis für Psychotherapie: Schwerpunkt Hör- und Kommunikationsstörungen (Leipzig)
  • Dr. Susanne Wagner, Abteilungsleiterin Forschung & Entwicklung, Berufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte gGmbH (Leipzig)
  • Michael Willenberg, Hör- und CI-Akustiker, Gromke Hörzentrum (Leipzig)

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